Mit 30 Minuten Verspätung kommt uns um 13.30 ein kleiner Bus abholen, der uns zum Sleeping-Bus bringt. Es geht hektisch zu und her, das Ticket wird mir aus der Hand gerissen, das Gepäck wird verstaut. Wir bekommen einen Zettel als „Quittung“ und steigen ein. Es sind nur noch zwei Betten (eher Pritschen) frei, meines ist der absolute Arschkarten-Platz, da es direkt neben der Toilette ist. Ausserdem ist es nur etwa 1.65m lang…Ihr könnt euch vorstellen, wie bequem das war. Wir brausen in Vietnam-Manier davon. Marcels Platz ist weit vorne, also spreche ich mit den 2 englischen Touristen neben mir und höre Musik – Wir haben etwa 15 Stunden Fahrt vor uns.
Gegen 18 Uhr treffen wir in Hoi An ein. Leute steigen aus, somit können Marcel und ich nebeneinander weiterreisen. Wir schnappen uns die oberen Betten ganz hinten. Wir hoffen darauf, dass das Bett neben mir frei bleibt. Es wird aber von einem Deutschen besetzt. Der Bus ist völlig überbucht: Ein paar Touristen bekommen Kissen und müssen am Boden schlafen. Toll! Nach etwa einer Stunde fahren wir weiter in Richtung Nha Trang. Wir freuen uns auf den Strand. Unterwegs hat der Bus immer wieder Probleme mit dem Getriebe. Mitten in der Nacht halten wir an, um Getränke und Essen zu kaufen. Wir steigen wieder ein.
Etwa um 3.30h in der Nacht, ich döse ein bisschen, Marcel ist wach, werde ich durch einen lauten Krach aus dem Halbschlaf gerissen: Der Bus hat auf der rechten Seite einen Felsen touchiert. Der Bus schwenkt gegen links, wo ein Abgrund ist. Also lenkt der Busfahrer (der übrigens seit Antritt der Fahrt immer der selbe ist!!) gegen rechts – Etwas zu viel, so dass der Bus umkippt. Wir sehen den Boden näher kommen. Ich habe ein kurzes Blackout. Marcel reisst mich vom Boden auf, Diesel läuft aus. Der Boden ist voller Scherben. Ich schnappe mir meinen Rucksack und bemerke, dass mein Knie bis auf die Kniescheibe aufgerissen ist. Marcel findet unsere Schuhe, wir ziehen sie an und klettern durch ein Loch im Dach nach draussen. Wir sehen einen britischen Tourist, sein Gesicht ist völlig verblutet und zerfetzt. Schock! Marcel hat eine Schürfwunde und geprellte Rippen. Wir entfernen uns ein wenig vom Bus, ich lege mich auf den Boden, lagere das Bein hoch, zünde mir eine Zigarette an. Langsam beginnt das Bein zu Schmerzen.
Etwa 30-40min später trifft ein Krankenwagen ein. Die „Schwerverletzten“, darunter auch ich, werden in ein „Spital“ gefahren. Es erinnert mehr an ein Lazarett aus dem ersten Weltkrieg. Ich bekomme eine Spritze, sie nähen mein Knie zusammen, jedoch ohne die Wunde zu säubern. Es wimmelt von Fliegen, der Geruch nach Blut, Diesel und Desinfektionsmittel liegt in der Luft. Wir alle wollen hier raus. Inzwischen ist Marcel auch eingetrudelt, er bekommt 2 Stiche am Ellbogen.
Nach etwa 5 Stunden kommt ein Bus, der uns Vietnam-Style nach Nha Trang bringt. Jedoch nicht ins Spital, sondern zum Reisebüro. Ok, wir nehmen ein Taxi, wenigstens haben wir unser Gepäck wieder! Im Spital wird mein Knie geröngt, ich müsse Operiert werden. Sie finden Erdnuss grosse Glassplitter in meinem Knie.
Wir verbringen die nächsten 5 Tage in diesem Spital. Marcel geht es eigentlich schon wieder ganz gut, er darf aber mit mir im Spital bleiben. Alle Touristen, die verletzt wurden, sind in diesem Spital untergebracht. Ich bin mit einer Belgierin im unteren Stock, da wir nicht Treppensteigen können. 3x am Tag bekomme ich eine Spritze in den Arsch, 3x am Tag muss ich 5 Pillen nehmen und bekomme 3 Infusionen. Ok, die werden wissen, was sie tun.
Am 5ten Tag kommt mich eine Schwester wecken: Sie haben einen Telefonanruf an der Reception. Ich humple schlaftrunken nach vorne. Mir wird von einem Unbekannten gesagt, dass uns ein Krankenwagen abholen kommt… Ich rufe unsere Versicherung an, diese Bestätigt diese Aktion. Ich rufe Marcel an, er soll seine Sachen packen und runterkommen. Eine knappe Stunde später sitzen wir im Krankenwagen nach Saigon (8 Stunden fahrt). Am Mittag halten wir…An einem Strand – Wir dürfen also doch noch ein wenig Strandluft schnuppern. Wir essen frische Meeresfrüchte auf Kosten der Versicherung. Ha!
Der Strand, an dem wir unser Mittagessen verspeisen!
Am Abend treffen wir in Saigon ein. Am nächsten Tag muss ich noch mal eine Operation erdulden, da anscheinend noch eine Sehne kaputt ist. Langsam zweifeln wir daran, jemals wieder nach Hause zu kommen 😉
Doch siehe da, am Freitag, eine Woche nach dem Unfall kommt ein Anruf der Versicherung: Ihr fliegt heute Abend heim, Business Class versteht sich 😀
Am Flughafen angekommen, eingecheckt, in der Business-Class-Lounge rumgehängt – Durchsage: Flug gecancelt! Ich koche!
Wir werden in ein 4* Hotel gebracht. Am Samstag die erlösende Nachricht: Am Abend geht der Flug nach Paris. Ganzes Prozedere noch einmal, und tatsächlich: Wir sitzen um 22h im Flieger, und wir fliegen pünktlich ab. Das Abenteuer Vietnam endet am Sonntag, 14.30h am Flughafen Zürich.
Hier noch ein kleiner Bericht von unserem Unfall: http://www.tuoitrenews.vn/cmlink/tuoitrenews/society/at-least-7-foreigners-injured-in-bus-accident-1.79689 (Von uns ist natürlich nicht die Rede 😉 )
Alles Gute
Damian&Marcel