Visa Run in Hong Kong

Nachdem ich mich die halbe Nacht mit der Barkeeperin der Hotelbar unterhalten hatte, ging ich ins Bett, um am nächsten Tag wenigstens einigermassen fit für meine Odysee nach Hong Kong zu sein. Mein Visum näherte sich dem Ende, weshalb ich aus China ausreisen musste. Ich hätte das Visum zwar theoretisch in China verlängern können, jedoch war es für das aufgrund von schlechtem Timing zu spät.
Am nächsten Tag nahm ich einen fünf stündigen Zug zurück nach Chengdu, von wo ich wiederum am nächsten Tag frühmorgens einen Flug nach Shenzhen, die Grenzstadt Hong Kongs, hatte.

Als ich in Chengdu ankam war es schon mitten in der Nacht. Mein ursprünglicher Plan war, im Flughafen zu schlafen. Diesen hatte ich aber schon sehr bald vergessen, und fand dank der Hilfe einer netten chinesischen Reisebekanntschaft ein Zimmer in der Nähe des Flughafens: 50 Yuan, Transfer inklusive! Am nächsten Morgen um 5 Uhr traf ich den Chef des Hotels, und er fuhr mich relativ halsbrecherisch an den Flughafen. Dort checkte ich ein, ass etwas Fast Food und sass dann auch schon bald im Flieger. Ich konnte wieder mal einen Notausgang-Sitz mit mehr Beinfreiheit ergattern!
Mit Verspätung kamen wir in Shenzhen an, was für mich ein kleines Problem darstellte. Mein Plan war nämlich, vor 13:30 im Visaoffice in Hong Kong zu sein, was bedeuten würde, dass ich schon am Donnerstag wieder in China sein könnte. Andernfalls müsste ich noch einen Tag länger im teuren Hong Kong verbringen. Ich hatte nun also wegen der Verspätung nur ein sehr knappes Zeitfenster von 2.5 Stunden (mit einer reinen Reisezeit von 2 Stunden, was mir 30 Minuten für Aus- und Einreise, Geld- und Octopuscardbeschaffung und Fussmarsch zum Visaoffice liess), um diesen Plan umzusetzen.
Ich nahm also in Shenzhen zuerst einen Bus, der mich zur Metrostation brachte. Von dort aus nahm ich die Metro an die Grenze. Zum Glück konnte ich sitzen. Dann musste ich die Grenze zu Fuss überqueren. Dies dauerte wegen den vielen Leuten relativ lange! In Hong Kong musste ich zuerst etwas Geld besorgen, mir damit die Octopuskarte kaufen, um mit dieser dann mit der Metro zur Hung Hom Station zu fahren. Dort angekommen hetze ich dann – mit all meinem Gepäck nota bene – ins Visaoffice. Völlig am Ende kam ich dann dort um etwa 13:40 an. Die Frau hatte Erbarmen mit mir, und sagte, wenn ich das Formular in fünf Minuten ausfüllen könne, reiche es noch für den Donnerstag!  Ich konnte mittlerweile all meine Daten für diese Formulare auswendig (Passnummer und so), weshalb mir dies auch gelang! Glück gehabt.
Danach erholte ich mich kurz im klimatisierten Visaoffice, und genoss das kostenlose Internet. Danach machte ich mich ohne Stress auf, um in mein Hotel (Einzelzimmer) einzuchecken. Danach nahm ich eine Dusche, erholte mich kurz und machte mich auf, um meine Kollegin Jayi zu treffen. Diese hatte ich vor eineinhalb Monaten hier kennegelernt.
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Mein (etwas schrilles) Hotelzimmer

Ich hatte nicht vor, in den Tagen in Hong Kong gross etwas anschauen zu gehen, sondern die Gelegenheit zu nutzen, in relativ vertrauten Umfeld (mein Pass ist schon voll mit diesen blöden Einreisezetteln von HK) etwas zu entspannen, bevor ich wieder durch das doch anstrengende China reiste.

Am nächsten Tag traf ich Jayi am frühen Nachmittag (am Morgen hatte sie Fahrprüfung), und wir gingen zusammen 燒鵝 (etwa „geröstete Gans“) essen, eine lokale Spezialität. Sehr lecker!
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Hong Kong Spezialität: Gans (rechts) und Ferkel (links)

Danach machten wir uns auf eine mir wichtige Mission… Haare schneiden. Ein paar Minuten und 5 Franken später hatte ich wieder einen praktischen 3mm Haarschnitt: Dieser ist zum Reisen ideal, vorallem in so warmen Wetter! Danach schlenderten wir noch durch das Einkaufszentrum. Am Abend gingen kauften wir uns etwas zu Essen im Take Away, welches wir dann in meinem Zimmer verspeisten, währenddem ich von meinen Abenteuern in China erzählte.

Am Mittwoch war ich am Tag auf mich alleine gestellt, da Jayi arbeiten musste. Ich wollte eigentlich auf Cheung Chow Island gehen, entschied mich aber aufgrund des wechselhaften Wetters dagegen. Ich erforschte aber die Westseite von Hong Kong Island, welche ich noch überhaupt nicht kannte. Am Abend traf ich dann wieder auf Jayi, und wir gingen zusammen etwas leckeres essen.
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Hong Kong Island: Fortress Hill

Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich von Jayi, als sie wieder zur Arbeit musste, und ich packte meine Sachen zusammen: Ich musste an diesem Tag in die entgegengesetzte Richtung vom Montag zurück hetzen, um in Shenzhen einen Zug zu meiner nächsten Destination zu erwischen. Zuerst musste ich meinen Pass abholen gehen. Dieser war jetzt mit einem schicken double-entry Visum ausgestattet. Dann wieder das selbe Spiel: Metro, Aus- und Einreise, Metro zum Bahnhof, Ticket besorgen und in den Zug einsteigen. Der Grenzübergang war dieses Mal aber viel angenehmer, weshalb ich dann sogar noch viel zu früh am Bahnhof ankam.
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Laden in Hong Kong 🙂

Überraschendes Chongqing

Sehr spontan habe ich mich entschieden, nach Chongqing östlich von Chengdu zu gehen. Grund: Ich hatte gerade eben von dieser Stadt in meinem Buch gelesen. Wieso also nicht selber erkunden gehen?
Nach 4 Stunden im günstigsten Abteil kamen ich und Jason – ein Ami der sich mir für Chongqing angeschlossen hat – im Hostel an.
Am gleichen Abend gingen wir zusammen einen Hotpot essen: Anscheinend hat die scharfe Version, welche ich schon in Chengdu gegessen habe, ihren Ursprung in Chongqing. Der Wirt hat geschworen, dass wir die ersten Ausländer in seinem kleinen Restaurant seien. Verstanden habe ich ihn kaum, da mein Chinesisch immer noch schlecht, und Akzent stark war! Lecker war es allemal.

Am nächsten Tag bin ich sehr spät in den Tag gestartet, da ich ein paar Erledigungen machen musste: Blog schreiben, Wäsche waschen, Familie Skypen und solche Sachen. Gegen Abend habe ich Jason getroffen. Wir gingen zusammen Essen, und liefen danach noch ein wenig planlos durch die Stadt. Wir stiessen dabei auch auf den längsten Fluss Asiens, den Jangtsekiang.
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Die moderne Innenstadt Chongqings
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Strassenküche
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Brücke über den Jangtsekiang

Am nächsten Tag machte ich mich auf, um die Stadt auf eigene Faust zu erforschen. Ich lief in eine Richtung los, in welcher ich mich später mit Jason treffen wollte. Dabei lief ich durch etliche Wohnviertel: Sehr eindrücklich, einen Einblick in das Leben der Chinesen zu haben. Ausserdem fiel mir noch eine weitere „Berühmtheit“ der Stadt auf: Es ist eine der am schlimmsten verschmutzten Städte Chinas. Die Luft war ziemlich übel…Zu Rauchen würde hier wohl kaum einen Unterschied machen. Die Leute sind hier aber unglaublich freundlich. Ich konnte kaum einen Meter gehen, ohne von irgendwo zugewunken zu werden, oder ein „Helloooo“ zu hören 🙂
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Die Stadt in Smog gehüllt *hust hust*
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Wohnhäuser in Chongqing

Danach traf ich auf Jason, und wir gingen zusammen in die Altstadt. Diese war, wie jede Altstadt in denen ich bis jetzt in China war, total überlaufen. Nach einem kurzen Snack erkundeten wir deshalb lieber die umliegeneden Quartiere. Dort war es viel ruhiger…Und genau so schön!
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Unproduktives Chengdu

Mit dem Nachtzug fuhr ich von Xi’An nach Chengdu in der Sichuan Provinz. Die Zugfahrt war 16 Stunden und etwas langweilig, aber die Dame im Bett unter mir versuchte mich mit Chinesisch, Früchten und Kuchen zu unterhalten.
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Meine Zugbekanntschaft

Nach meiner Ankunft checkte ich ein und unterhielt mich mit meinem Zimmergenossen Johnny. Am Abend gingen wir zusammen etwas essen.
Am nächsten Tag ging ich zum Tianfu-Platz, wo eine riesige Mao Statue steht. Danach ging ich zu Fuss weiter zur Jinli Altstadt. Diese war aber eine rechte Enttäuschung, da sie so vollgestopft und überteuert war, dass ich kurz darauf wieder ging. Deshalb machte ich mich lieber auf, um etwas zu essen: Die Sichuan Provinz ist bekannt für ihr scharfes Essen: Ich bestellte deshalb vorsichtshalber nur ein „bisschen scharf“…und spuckte trotzdem Feuer!
IMG_5076Mao Statue auf dem Tianfu PlatzIMG_5105回鍋肉: „Zweimal gekochtes Fleisch“ – Sichuan Spezialität

Es war dann schon später Nachmittag, und ich kehrte in mein Hostel zurück. Dort traf ich Johnny, der sich mit ein paar Chinesen zum Hotpot-Nachtessen verabredet hat. Ich wurde auch eingeladen, weshalb wir kurz daraf in einem Hotpot-Restaurant waren: Chengdus Hotpot ist in ganz China bekannt, da Fleisch und andere Köstlichkeiten in einer höllisch scharfen Suppe gegart werden. Auch hier bestellten wir „mittelscharf“, jedoch war es für Johnny immer noch zu scharf, weshalb wir noch neutrale Suppe bestellen mussten…Ich fand es auf jeden Fall sehr lecker!
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Die teuflisch-scharfe Chilibrühe

Am nächsten Tag machte ich überhaupt gar nichts…Oh, doch: Ich habe eine neue Zahnbürste gekauft.
So war Chengdu ein wenig unproduktiv, was mir aber nichts ausmachte – Zwischendurch tut es gut, eine Pause einzulegen.
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Früchteladen in Chengdu

Nudeln in Xi’An

Eine kurze Schnellzugfahrt brachte mich von Pingyao nach Xi’An. Dort war es glücklicherweise ein bisschen wärmer, wenn auch nur minim. Nach einer kurzen Fahrt mit der Metro war ich dann in meinem Hostel, welches ausser mir nur von Chinesen bewohnt wurde. Mit Englisch gings gerade so knapp. Danach machte ich mich auf, um eine Spezialiät der Provinz Shaanxi zu probieren: Biang Biang Nudeln. Zwei Sachen sind an ihnen speziell: Erstens sind sie sehr dick, breit und lang. Sie werden oft mit Hosengürteln verglichen. Ausserdem ist „biang“ das schwierigste Schriftzeichen überhaupt. Es ist also kein Problem, diese Nudeln auf der Speisekarte zu erkennen (Klick hier für ein Bild), da es so prägnant ist. Sehr lecker! Danach ging ich durch das muslimische Viertel: Xi’An hat eine grosse Anzahl von Muslimen, was einen interessanten Mix aus verschiednen Kulturen ergibt…Und wahnsinng gutes Essen 🙂 IMG_4937Biang Biang Nudeln
image-2015-11-01Ein Spiesschen gefällig?image-2015-11-01(3)Scharfe Lamm-SpiesschenIMG_4939
Im muslimischen Viertel (Man beachte die arabische Schrift…)

Am nächsten Tag machte ich mit meinem Zimmergenossen Vincent, der relativ gutes Englisch sprach, auf in Richtung Terrakotta-Armee. Für dass es die grösste Attraktion in Xi’An ist, ist es verdammt mühsam zu erreichen, so finde ich!
Dort verbrachten wir den ganzen Tag! Es war zwar sehr eindrücklich, jedoch finde ich, dass es massiv zu teuer ist: Das untenstehende Foto ist eigentlich alles, was man zu sehen bekommt. Das meiste der riesigen Anlage ist noch nicht ausgegraben, und man sieht nur einen Haufen Erde…image-2015-11-01(1)

Trotzdem ein Must-See! Muss wohl seinerzeit sehr eindrücklich gewesen sein!
IMG_4978 Detail eines Kriegers IMG_4963
Jeder Krieger ist mit individuellen Gesichtszügen einzigartig!

Am nächsten Tag war es sehr kalt und regnerisch, weshalb ich nur etwas mühsam aus dem Bett kam! Vincent, ich und noch ein paar Andere aus dem Hostel gingen deshalb in ein Museum. Dieses fand ich sehr langweilig, da es nur antike Vasen auf 3 Stockwerken waren. Oh…Noch eine Vase…Toll! Viel besser fand ich jedoch das Nachtessen: Ein riesiges Restaurant, welches nur ein einziges Gericht serviert. Dieses dafür sehr gut!
IMG_4986Der Glockenturm in der Mitte der Stadt IMG_4995
Nudelspezialität

Der nächste Tag war wieder etwas wärmer, weshalb ich loszog, um auf der alten Stadtmauer zu gehen. Die Stadtmauer von Xi’An ist die grösste der Welt. Ringsum zu gehen ist ein Tagesmarsch, und ich feierte darauf „60 Tage unterwegs“!
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Erwartung & Realität

Meine nächste Station in China hiess Pingyao in der Shanxi Provinz, etwa auf halbem Weg nach Xi’An. Dort wollte ich eine Nacht lang einen Zwischenhalt einlegen, da ich im Internet gelesen hatte, es sei schön (Weltkulturerbe).
Ein Nachtzug brachte mich von Beijing dort hin. Der Zug fuhr erst um Mitternacht los, weshalb ich recht lange am völlig überlaufenen Bahnhof warten musste. Immerhin konnte ich mich mit meinem „Nachbarn“, welcher auch auf dem Boden sitzen musste, auf Englisch unterhalten. Als der Zug los fuhr, bin ich bald eingeschlafen: Ich habe nur noch etwas in meinem Buch gelesen (Mao’s Biografie), da ich abgesehen von Zug, Bus und Flugzeug selten Zeit zum Lesen habe.

Am nächsten Morgen kam ich in Pingyao an und lief zur Altstadt, welche sehr gut erhalten ist und als eine der schönsten in ganz China gilt. Ich lud meinen Rucksack im Hotel ab – ich habe mir wieder mal ein Einzelzimmer gegönnt – und wanderte dann durch die Strassen. In der Tat ist es ein sehr schönes Städchen, jedoch wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt: So fühlt man sich in den verwinkelten Gassen zwischen den traditionellen Steinhäusern einerseits wie im alten China, der Schein wird aber andererseits von tausenden Souvenirläden getrübt, welche die alten Strassen säumen. So wird es vor 700 Jahren wohl kaum ausgesehen haben. Schade, dass dieses Unesco-Kulturerbe so verschandelt wurde.
image-2015-10-27(1)An der „Touristenmeile“image-2015-10-27(3)Wenn die Geschäfte schliessen siehts besser aus…image-2015-10-27(2)Ein Park in der AltstadtIMG_4900Nicht überall ist die Stadt gut erhalten!

Es ist trotzdem ein sehr schöner Ort. Als Beispiel kann ich auch mein Hotel nennen, welches in einem traditionellen Haus mit einem schönen Innenhof liegt. Ausserdem konnte ich auch 刀削麵 probieren: Diese Nudeln werden von einem „Block“ Teig mit einem Messer abgeschnitten (刀 = Messer, 削 = schneiden, 麵 = Nudel).
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刀削麵 mit „Pingyao-Beef“

Nach einem Tag in Pingyao hatte ich das Gefühl, das wichtigste Gesehen zu haben, und machte mich nach einer erholsamen Nacht im Hotel auf nach Xi’An.
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Der Innenhof meines Hotels